Die Satir Kategorien in der Kommunikation

oder Kongruenz und Inkongruenz

Es gibt unzählige Kommunikationsmodelle auf der Welt. Sie sind auch ein Beweis dafür, dass in der Kommunikation zwischen Menschen vieles nicht funktioniert, dass es viele Missverständnisse gibt.

Spätestens dann, wenn in der Kommunikation ein Störgefühl entsteht, macht es Sinn, über Kommunikation nachzudenken. Warum können Störgefühle auftreten?

  • Nach dem 4-Ohren-Modell (Schulz von Thun) kann es sein, dass Sender und Empfänger auf unterschiedlichen Ebenen kommunizieren (Sachebene trifft auf Appellebene).
  • Es gibt keinen Rapport zwischen Sender und Empfänger.
  • Die Kommunikationspartner agieren in unterschiedlichen Repräsentationssystemen.

Bereits in den 70er Jahren waren sich Bandler, Grinder und Satir einig, dass es noch einen weiteren wichtigen Faktor gibt, der zu Störungen in der Kommunikation führen kann. Es kann zu einer Inkongruenz in der Aussage kommen. Inkongruenz bedeutet, dass z.B. auf einer Ebene Zustimmung und auf einer anderen Ebene Widerspruch signalisiert wird. Mögliche Ebenen sind das gesprochene Wort, die Körperhaltung, die Bewegungen, der Klang der Stimme, das Sprechtempo, die gesamte Physiologie.

Kommunikationstypen nach Virginia Satir

Ein Beispiel:

Ein Paargespräch: „Er überrascht Dich mit den Worten: „Für das Wochenende habe ich eine Überraschung für Dich. Ich lade Dich zu einem Wellnesstag mit anschließendem tollen Abendessen ein“.

Sie antwortet: „Wie schön und lieb von Dir.“

Aber vielleicht zittert ihre Stimme, ihre Augen sind unruhig, und anstatt ihm um den Hals zu fallen, geht sie auf Distanz.

Was ist geschehen? Mehrere Dinge geschehen gleichzeitig in ihr. Einerseits freut sie sich über die Überraschung, andererseits ist sie mit ihren Freundinnen am Wochenende verabredet. Sie freut sich und sie freut sich nicht, und zwar gleichzeitig. Deshalb kommt ihre Antwort auch inkongruent bei ihm an.

Was wir hier erleben können und in ähnlicher Form sicher schon selbst erlebt haben, ist die äußere Erscheinung eines inneren Zwiespalts. Es werden gleichzeitig mehrere Botschaften gesendet, die sich widersprechen.

Wird dies im Gespräch nicht aufgelöst, kommt es zu Missverständnissen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Sender der inkongruenten Botschaften dies nicht bemerken muss. Er ist in seiner Inkongruenz so mit sich selbst beschäftigt, dass er sich der Wirkung nicht bewusst ist.

„Freust du dich nicht?“ „Doch, doch, sehr sogar!“ Solche Dialoge verschärfen das Missverständnis, und so ist es auch hier.

Virginia Satir hat in ihrer Arbeit die Bedeutung dieser Problematik erkannt und ergänzend vier verschiedene Typen inkongruenter Kommunikationsformen entwickelt. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es sich hierbei NICHT um eine Typenlehre handelt. Es werden lediglich verschiedene Formen inkongruenter Kommunikation beschrieben, die von Fall zu Fall variieren oder auch gar nicht auftreten können. Dies ist das fünfte Kommunikationsmuster, die kongruente Kommunikation.

Im Coaching

Inkongruente Kommunikation entsteht immer in einer Person aufgrund innerer Widersprüche, unterschiedlicher Empfindungen in einer Situation. Daher ist dieses Muster auch im Coaching häufig anzutreffen. Auf die Frage des Coachs: „Wie fühlen Sie sich mit der Entscheidung?“ antwortet der Klient z.B.: „Gut“ und ich als Coach kann sehen und hören, dass es in der Person noch eine zweite Meinung gibt. Die Antwort kommt vielleicht zögerlich und sehr leise. Dann frage ich nach und nicht wenige Klienten sind erstaunt, dass ein guter Coach an der richtigen Stelle nachfragt.

Die Satir Kategorien

Das Wissen um inkongruente und kongruente Kommunikation und wie man sie erkennt, ist nützlich genug. Wer es genauer wissen will, kann zwischen den Kategorien unterscheiden. Das hilft auch, Muster in der Kommunikation zu erkennen.

 1) Der Beschwichtiger

Der Beschwichtiger agiert harmoniebedürftig und versucht die Anerkennung anderer zu gewinnen, da er in seinem Handeln unsicher ist. Er stellt seine eigene Meinung oft zurück und hat Schwierigkeiten, eigene Entscheidungen zu treffen. Der Beschwichtiger neigt dazu, sich selbst zu vernachlässigen und die Bedürfnisse anderer in den Vordergrund zu stellen, was letztlich zu Schwierigkeiten bei der Selbstbehauptung und Entscheidungsfindung führt.

2) Der Ankläger

Der Ankläger zeichnet sich durch eine fordernde und diktatorische Haltung aus. Er sucht Fehler bei anderen und ist schnell mit Schuldzuweisungen bei der Hand. Seine Kommunikation ist laut, dominant und verletzend, geprägt von Verallgemeinerungen und verneinenden Fragen. Die Körperhaltung des Anklägers ist angespannt, mit flacher Atmung und anklagender, nach vorne gerichteter Gestik. Sein Ziel ist es, den eigenen Standpunkt durchzusetzen und sich selbstbewusst zu präsentieren, obwohl er innerlich oft ein geringes Selbstwertgefühl hat. Trotz seiner Aggressivität fühlt sich der Ankläger oft einsam und minderwertig.

3) Der Rationalisierer

Der Rationalisierer zeichnet sich durch sein stets vernünftiges und emotionsloses Auftreten aus. Er sucht rationale Lösungen für Konflikte, agiert kühl und distanziert von emotionaler Beteiligung. Seine Kommunikation ist geprägt von endlosen Erklärungen und Rechtfertigungen, die er mit monotoner Stimme vorträgt. Der Rationalisierer versucht jede Situation rational zu begründen und zeigt wenig bis keine Emotionen. Dieses Verhalten dient dazu, die eigene Verletzlichkeit zu verbergen und das Gefühl der Kontrolle aufrechtzuerhalten, um nicht ausgeliefert zu sein. Andere fühlen sich in seiner Gegenwart oft gelangweilt, klein, unbedeutend und unbeachtet, und sein Verhalten kann Ärger über die vermeintliche Gefühlskälte auslösen.

4) Der Ablenker

Der Ablenker fällt auf den ersten Blick oft durch seine Lebhaftigkeit, seine Ausdrucksstärke und sein scheinbares Interesse auf. Er ist ständig in Bewegung, weicht aus, wechselt den Standpunkt und vermeidet konkrete Aussagen. Er wechselt häufig das Thema und scheint überall und nirgends zu sein. Seine Strategie besteht darin, Bedrohungen auszuweichen, indem er sie ignoriert und sich stattdessen in Ablenkungen aller Art verstrickt. Dieses Verhalten dient dazu, von der eigenen Schwäche abzulenken. Innerlich fühlt sich der Ablenker oft orientierungslos, einsam und sinnlos. Er sehnt sich nach Kontakt, hat aber auch Angst vor intimen Beziehungen.

Anfangs weckt der Zerstreute Interesse und Bewunderung, doch mit der Zeit löst er bei anderen Gefühle wie Irritation, Müdigkeit, Desinteresse, Fremdheit und Ablehnung aus. Manche Menschen brechen den Kontakt zu ihm ab. In Gesprächen weicht er dem eigentlichen Thema aus und lenkt die Aufmerksamkeit auf andere Themen. Seine Bewegungen wirken oft unkoordiniert und sein Verhalten ignoriert sich selbst, andere und den Gesprächskontext. Seine Stärke liegt in der Spontaneität, aber er trägt selten zur Lösung von Problemen bei.

5) Der Kongruente

Der Kongruente repräsentiert den Kommunikationsstil, bei dem alle Kommunikationskanäle übereinstimmende Botschaften vermitteln. Dieser Persönlichkeitstyp zeichnet sich durch eine hohe Selbstkongruenz aus, bei der das Gesagte mit dem Gefühl übereinstimmt.

Der Kongruente handelt auch unter Stress und in Konfliktsituationen situationsgerecht und flexibel. Er hat ein starkes Selbstwertgefühl und fürchtet in solchen Situationen weder Verletzungen noch Bedrohungen. Der Kongruente geht davon aus, dass jeder Mensch für sich selbst sprechen und handeln kann und erkennt die Einzigartigkeit jedes Menschen an. Dieser Typ kommuniziert nicht nur verbal, sondern auch nonverbal auf eine integrative, fließende und lebendige Weise, die ein angenehmes Umfeld schafft.

Insgesamt ist der Kongruente das Idealbild eines effektiven Kommunikators, der sich selbst und andere als wertvoll ansieht und die Bedürfnisse beider respektiert.

Ergänzend dazu ist der Blogartikel zu Widerstand im Coaching.

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