Das gefesselte Flipchart
Eine Liebeserklärung eines Trainers an die Improvisation
15:00 Uhr – Der frühe Vogel… (Seminarbeginn 16 Uhr)
„Ich bin vorbereitet“, denke ich, während ich mit meinem Materialkoffer in der Hand die Seminartür öffne. Alles ist gebucht, besprochen, der Technik-Check vom Veranstalter bestätigt, sogar Kaffee soll schon bereitstehen. Ich bin – so glaube ich – angekommen in der Welt professioneller Seminare.
15:01 Uhr – Willkommen im Dschungel
Und da steht es. Mein Flipchart. Gefesselt. Umklammert von einem Kabelsalat, der aussieht, als hätte sich eine Horde Gartenzwerge hier nachts eine LAN-Party geliefert. Mein Werkzeug der Klarheit, mein Ausdrucksmittel für alle Lernfreudigen – degradiert zur Kabelrolle der „Haustechnik“.
15:02 Uhr – Der erste Schweißtropfen
Ich beginne zu entwirren. HDMI-Kabel, Verlängerungskabel, Stromleisten – es ist ein technisches Jenga-Spiel. Jeder Zug ein Risiko. Wenn ich Pech habe, starte ich damit das Nachbarseminar neu oder schalte im ganzen Viertel das Licht aus.
15:15 Uhr – Der Tanz beginnt
Flipchart befreit. Aber der Raum? Leer. Kein Stift, keine Moderationskarten. Der Beamer steht auf einem Stuhl, als wäre er in der Pause eines Improtheater-Stücks. Ich beginne zu sammeln, zu ordnen, zu richten – ein Ritual, das jeder Trainer kennt: Der Raum wird mein Raum.
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